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Blättert man feucht durch internettliche Rezensionen bezüglich The Knutz, stößt man auf eine schwindelig machende Palette von vernichtender Zerschmetterung bis lobpreisenden Jubelsang. Einer spricht von einer spanischen Band, der andere stellt sie neben Bauhaus. Man könne auch nicht recht zu tanzen, weil nicht schnell genug. Gemeinsamkeit all dieser Betrachtungen: sie treffen nicht zu. Die vier Buben stammen aus Brasilien. Mit Bauhaus haben sie soviel zu tun wie der kinderliebe Storch mit der polnischen Mastgans. Und ganz ehrlich? Sich düster zurechtmachen und alle irgendwie dazu zu bringen von Gothrock und Postpunk zu reden, macht noch nicht wirklich eine Dunkelkapelle.
Aber konkret. Die CD "Ghost Dance Party" hat unterschiedliches Gefälle. Titelgeber "Ghost Dance Party" steht im Stil zusammengehörig für
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diverse andere Tracks auf dem Album: treibend und durchaus tanzbar; Bass, Gitarre, Synths sauber gemischt und klar getrennt - nicht einfach bei dem komplexen Zusammenspiel. Die hohe, sich teilweise überschlagende Stimme tendenziös Halt suchend zwischen den Sex Pistols und The Cure. "Just Be You" beweist einen Sinn für schmissige Refrains. Apropos: schmissig - bis hierhin orgelt diese Platte gut hörbar, aber schon recht dekorativ; mutig, mit Punk wirklich in einem Atem geraucht werden zu wollen. Auch "Just Are The Wonder" oder "Ice" ändern nichts daran. Apropos: ändern - diese ersten Lieder machen auf geschwisterlich wie Eineiigeigelklone (fieses Wort, aber grammatikalisch zugelassen), bisschen stachelig, aber noch niedlich. Am Ideenreichtum darf an dieser Stelle genörgelt werden. Auch wenn alles sehr frisch und locker, rhythmisch interessant und gut geeignet für die kommende Party klingt. Es müsste aber keine Schwarzkuttenparty sein, das lokale Stadtfest täte es eventuell auch.
Das Spötteln verkrampft dem Spöttelnden in der Kehle beim "Heaven Outside The Morror". Hier sind wir mitten im Indie-Pop, huch! Romantisch, harmonisch, gefühlvoll, toller Refrain, schönes Spannungsgefälle zwischen balladesken Passagen und losgehenden Fortes. Diese Band ist vielleicht gar keine Postpunkband, sondern hat ihre Stärke in gutem Pop? Nach soviel Konfekt muss natürlich erstmal wieder bewiesen werden, dass man eigentlich zu den bösen Jungs gehört. "Fishing Day" fischt erneut in den Gewässern der Sex Pistols mit ein paar quirligen The B-52s-Bezügen am Haken. Hier wird der Schmutz noch gebügelt. "Red Sound" - ein bisschen The Clash-Abschlusspartystimmung. Das mag man gerne hören, es sei denn, man stände auf Postpunk oder Gothrock. "The Hanging Man" - irgendwo beim übelgelaunten Kollegen grausig verrissen - ist dagegen wieder ein klasse Song. Auch für die Melancholischen unter uns. Vielleicht nicht so gut tanzbar, weil eher unstet im Takt, aber stimmungsvoll und abwechslungsreich, mit einem guten Gleichgewicht zwischen melodiösem Inhalt und geradliniger Einfachheit. Ebenso wie die Ballade "Where Are You Now" - wirklich schöner, gut gespielter Dunkelpop. Hier zeigt die Gitarre, dass sie viel mehr drauf hat als Postpunkzitatenzitate.
Diese Band hat bestimmt Potential und klingt nach viel zukünftiger Möglichkeit und Begabung. Geschmäcker sind natürlich verschieden, aber die Jungs zu verreißen offenbart nur eigene Voreingenommenheit. Sie über den grünen oder schwarzen Klee zu loben, ist ja erfreulich, aber irgendwie auch nicht zutreffend. Diese Band muss noch ihre eigene Form finden, Einflüsse verdauen, nicht sein wollen, was man nicht ist und schlussendlich: Woher kommt eigentlich dieser The Knutz-Name? Brasilianisch? Haben wir Karneval?
Tracklist:
01. Intro
02. Ghost Dance Party
03. Just Be You
04. You Are The Wonder
05. Ice
06. Heaven Outside The Mirror
07. Fishing Day
08. Red Sound
09. The Hanging Man
10. Where Are You Now
11. Bem Depois
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