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Grausame Töchter: "Mein eigentliches Element"
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Geschrieben von Andreas Torneberg   
Donnerstag, 21. Juli 2011
 

Aranea Peel aus Hamburg hat ihre Obsessionen in Musik gegossen. Sie hat’s gern sadistisch, masochistisch, lesbisch, fetischistisch. Techno mischt sich mit Punk. Chanson mit Noize. Klassik mit dem Gang aufs Klo. Bizarr wird’s erst richtig, wenn man dazu übergeht, den Texten zuzuhören, welche sich egomanisch alle um ein und zwar dasselbe Thema drehen. Verstörend, betörend, entehrend, verzehrend und alles andere als heilsam oder gesund. Und obwohl verletzend, nicht besonders tief unter die Haut dringend.

Das heißt, das könnte es, wenn ein wenig mehr lyrisches Licht auf die Hintergründe bezüglich Lustgewinn per Qual fiele. Aber Aranea bleibt an der Oberfläche, lässt nur etwas Urin perlen und Lebenssaft aus dem Latex tröpfeln.

     

Andere singen "I love and kiss you", was dem romantikorientierten Kuschelnormalo in der Regel genügt; sie singt "I punish and piss on you"; die Emotionen pervertiert, die Romantik ist abgekackt. Das tut sie zur Freude der Einheimischen aber auf Deutsch.

Davon könnte man abgeschreckt sein, und die ersten zwei Lieder sind auch eher uninspirierte Tanzbodenaufwischer - bumm, bumm, Bummsmusik mit verzerrter Stimme im harschen Mix mit Schema-"F" Refrains, obwohl einer davon "Mephisto" heißt, und an was denken wir da gleich: Goethe! Faust! Fisting! Moment.

Kurz vorm Umlegen des Eject-Schalters verharrt man lauschend, denn das nachfolgende "Beleidigte Engel" trippelt ganz anders auf seinen hohen Absätzen um die Ecke. Ein wenig Kinostimmung kommt auf, ein wenig Trip Hop Cinema Noir, verhältnismäßig ruhige, sanft verzerrte, trotzdem spannende Unterhaltung. Videomäßig für spezielle Phantasien geht’s weiter: "Guten Morgen, ich bin eure neue Lehrerin" - schon klar. Nur Mädchen dürfen sie zu elektronischem Tanzbeat anfassen. Sanft gähnend überspringen wir ein eher musikalisch betrachtet uneinladendes Loch - "wisch mir den Arsch ab" - und gelangen zu einem wiederum spannenden Teil "Wie eine Schlange". Ein bisschen Horror leitet in eine Art experimentelle, beunruhigende Tanzmusik im Lowtempo. Davon gefesselt, bleibt dem Clubbesucher der nachfolgende Liebestod zwar verbal durch extreme Distorsionen unverständlich, aber lädt zu tanzförmigen Bewegungen der schmerzenden Unterleibsmuskulatur.

Und woran denken wir beim Liede "Mein Messer"? Mackie Messer, Dreigroschenoper? Borderline Syndrom? Schweizer Taschenmesser in Vollausstattung? Wir könnten an vieles denken. Von Aranea erfahren wir drei Minuten lang nur eine Textzeile: sie hat sich ein Messer gekauft. Aber dieses Lied ist knapp 12 Minuten lang, was Hoffnung schenkt, dass wir auch erfahren, was sie damit machen will. Spargel schälen? Das Lied ist extrem nervtötend, weil man im Dunklen gelassen wird, ob es nun zum Tanzen gehen soll, oder doch lieber nur zum devoten Zuhören, jedenfalls ist es nicht zum Entspannen da, eher zum Spannen. Also spannt man akustisch, aber eben nicht ab. Schrill. Was macht die schrille Schnalle mit ihrem Messer? Und warum nur?

Ach, so heißt das letzte Stück "Warum nur?". Ich weiß auch nicht. Die Platte ist definitiv nichts für Esoteriker oder Feingeistintellektuelle. Sie ist bestimmt auch nicht die richtige Unterhaltungsmusik für den sommerlichen Badestrand, außer in der Nacht, wenn keiner da ist. Es sind eigentlich Liebeslieder von jemandem, der bzw. die die emotionale Wärme durch emotionale Kälte ersetzt hat. Liebeslieder ohne Liebe. Tod. Traurig. Andererseits: ein paar Leute haben etwas Peitsche verdient. Nein? Scheiß drauf. Ziehen wir die Spülung. Zahlen. Nächster.

Tracklist:
01. Untergang
02. Mephisto
03. Beleidigte Engel
04. Bis das Blut fließt
05. Freundin
06. Wie eine Schlange
07. Liebestod
08. Drecksau
09. Mein Messer
10. Warum nur?

     
Grausame Töchter @ myspace
     

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