Nachdem Karin Dreijer Andersson in diesem Jahr mit ihrem neuen Fever Ray Projekt weltweit auf sehr großes Interesses stieß, waren die Erwartungen, die an eine Live-Show gestellt wurden, entsprechend groß. Das einzige Konzert in Deutschland der Welttournee im Hamburger „K6“ war daher komplett ausverkauft. Kurz nach neun gingen die Lichter aus, und nur von zwei einzelnen blauen Bühnenstrahlern angeleuchtet, begann Hildur Guðnadóttir aus Reykjavik, gekleidet in einem schneeweißen Phantasiekostüm, solo mit ihrem Cello, im Duo mit ihrem Laptop ein ebenso in sich versenktes wie eindrucksvolles Vorspiel. Durch die auf dem Laptop gespeicherten Playbacks und Sequenzen wurden fehlende Mitmusiker zumindest akustisch ergänzt, womit sich die gesamte Konzentration auf die einzelne Musikern richtete. So ein massives Playback hat stets etwas Steriles an sich und ist eine fragwürdige Methode der Autonomiegewinnung, zumal das vielstimmige Begleitpanorama eben teils aus der Konserve seinen mächtigen Klang entwickelte. Musikalisch wirkte Hildurs Musik experimentell, suchend und individuelle Klangfelder ausprobierend, dabei jedoch auch mystisch, romantisch und emotional. Erstaunlich, welch kraftvoller Klangreichtum in so einem Cello stecken kann. Ein gelungener Auftakt, der gut zum Klima der nachfolgenden Show passte.
Ihre letzten Celloklänge gingen nach einer halben Stunde unmittelbar in elektronische Schwingungen über, die Fever Ray ankündigten. Kleine Büsche aus Räucherstäbchen wurden auf der Bühne angezündet, dichter Nebel wallte auf und wurde in den Saal geblasen. Kaum erkennbar in den dicken Wolken: das Erscheinen der fünf Musiker, die sich nicht nur durch Nebel verschleiert auch noch maskiert hatten. Unerkennbar vermummt: Karin selbst in einem urzeitlich anmutenden Kostüm wie eine schamanische Hohepriesterin befand sich zwar zentral, doch im hinteren Teil der Bühne. Fast bewegungslos mit viel Distanz zum Publikum zelebrierte sie ihre Show. Auf der Bühne schufen auf- und abflammende kleine Wohnzimmerlampen mit gelben Lampenschirmen wie irrwischlichternde halluzinogene Pilze einen seltsamen Kontrast zu den kalten Laserprojektionen, die durch den Nebel zuckten. Der klare Sound schwoll mächtig an und abgrundtiefe Bässe mit Düsenjetlautstärke ließen das Hallengebäude vibrieren und brachten das Personal dazu, die scheppernden Wand- und Deckenverkleidungen besorgt zu untersuchen. Der eher introvertierte und poetische Reiz der Musik, die man von der Platte her kannte, wurde hier als optisches und akustisches Spektakel dargeboten, die morbide, verletzliche Stimmung der hervorragenden Musikvideos fand in diesem elektronischen Gesamtkunstwerk aber keinen Platz. Das rührte unter anderem auch daher, dass die Musiker als Menschen kaum wahrnehmbar blieben und völlig in dem gewaltigen, von ihnen erschaffenen technoiden Elektro-Gebilde zurücktraten, die emotionalen Schwingungen wurden zu geisterhaften Schemen in Nebelwänden und Laserstrahlen.
Zu den Konzertfotos...
|