Welcome to the apocalyptic underground! |
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Hallo und herzlich willkommen im Festival-Sommer 2010! Festival-SOMMER?! Nun ja, wie man's nimmt. ;) Trotz des teilweise schon herbstlichen Wetters, gab es die letzten Monate eigentlich so gut wie jedes Wochenende irgendwo etwas Musikalisches zu erleben. Nicht zuletzt wegen der sehr angenehmen Erfahrungen vom letzten Jahr, haben wir uns auch 2010 wieder abseits der ganz großen Bühnen bewegt - zum Beispiel beim New Old Way Festival in Dornbirn (AT), der Castle Party in Bolków (PL), oder zuletzt beim Apocalyptic Factory Festival. Tim und ich sind der Einladung gerne gefolgt und so haben wir uns auch dieses Jahr wieder auf den Weg zum "JUZ" nach Mannheim gemacht.
Nachdem wir einige Hindernisse, wie etwa den ein oder anderen Sturzregen auf der Autobahn, überwunden hatten, kamen wir Freitagabend ein wenig gestresst, aber mit bester Laune zur Warm-Up Disko an. Der allgemeinen finanziellen Knappheit ist es wohl geschuldet, dass es dieses Jahr anstatt zwei nur einen Live-Tag gab. Aber so ist das eben bei Do-It-Yourself Festivals und ich finde es großartig, dass das Apocalyptic-Factory-Team sich nicht hat beirren lassen und trotzdem ein interessantes Line-Up zusammengebastelt hat. Aber bleiben wir erstmal noch ein wenig beim Freitag. Zum Auftakt gab es traditionell ausgesuchte Musik aus der Konserve zum entspannten Eintanzen - diesmal mit DJ Darkland (dem ein oder anderen sicher bekannt von diversen Partys in und um Leipzig) als Gast-DJ und einigen Resident Plattendrehern der Apocalyptic Factory (DJ Sanny Decay und DJ DamagedGod). Bei guter Musik und angenehm lockerer Atmosphäre ist die stressige Anfahrt schnell vergessen und man hat die Gelegenheit, alte Bekanntschaften aufzufrischen (Grüße an Marvin ;-)), das ein oder andere Bierchen zu trinken und die alten Knochen zu bewegen. Musiktechnisch gab es ordentlich Gitarre um die Ohren - von Goth über Wave bis Post- und Horrorpunk, zeitweise etwas gewürzt mit ein wenig Minimal. Ab Mitternacht war dann auch die Tanzfläche ziemlich gut gefüllt und die Stimmung großartig. Das änderte sich bis in die frühen Morgenstunden auch nicht mehr. Eine mehr als gelungene Einstimmung würde ich mal sagen. Nachdem sich Tim um 5 Uhr morgens dann zurückgezogen hatte, hab ich gegen 6 auch aufgegeben und mich in Richtung Schlafplatz begeben - immerhin sollte ja der Samstagabend recht lange werden. Die letzten Tanzwütigen sind wohl erst gegen halb 8 nach Hause gegangen - Respekt!
Das "JUZ" liegt am neuen Messeplatz und hat damit quasi automatisch einen Haufen freier Parkplätze direkt vor der Tür. Netterweise stehen dort auch große Bäume, die genug Schatten spenden, damit es im Auto nicht zu warm zum Schlafen wird. Ansonsten ist auch alles da, was man als Festivalbesucher tagsüber so braucht. Ein Schwimmbad zum Duschen ist um die Ecke, ebenso zwei große Supermärkte. Lustigerweise war gerade an dem Wochenende auf dem großen Platz hinter dem "JUZ" ein Zirkus zu Gast, so dass es am Samstag Nachmittag die ein oder andere dunkel gekleidete Gestalt in Richtung der Manege zog. Vielseitige Interessen sind ja nicht verkehrt und zum Lachen in den Keller gehen sowieso nur Klischeegrufties, oder? Wer keine Lust hatte, die Gegend zu erkunden, konnte sich die Zeit bis zum Abend gemütlich auf den Bänken vor'm "JUZ" oder auf dem Parkplatz vertreiben.
Dabei fällt mir ein, dass Tim und ich dieses Mal unsere letztjährigen Parkplatznachbarn vermisst haben. Aber klar, da war doch noch was. Den Einen sollten wir später noch auf der Bühne sehen, die andere dann als DJane bei der Aftershowparty. Gemeint sind Miss Zombiefied und Dennies von Leaves In Silence. Dem ein oder anderen vielleicht als Gitarrist bei der Bremer Band New Days Delay bekannt, sollte er in Mannheim mit seinem eigenen Projekt Bühnenpremiere feiern - man durfte also gespannt sein. Um 20 Uhr war's dann soweit, endlich Einlass. Wie heutzutage allerorten üblich, hielt sich die Besucherzahl noch arg in Grenzen. Die erste Band sollte eine Stunde später loslegen - mal sehen, ob das was wird. Erstmal war noch ein bisschen Zeit, sich in Stimmung zu bringen und einige Bekannte zu begrüßen. Musiker sind schon ein lustiges Volk, besonders wenn sie aus Frankreich kommen. Wie es sich für einen Rockstar gehört, zündete sich Nico von Joy Disaster erstmal 'ne schöne Kippe an - direkt unter dem großen "No-Smoking"-Schild natürlich. Nachdem er sich dann umgedreht hatte und das Schild sah, machte er die Zigarette natürlich wieder aus und entschuldigte sich beschämt beim Barpersonal, irgendwie niedlich. ;-)
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Trotz der noch wenigen Gäste, schienen alle bei bester Laune zu sein und so wurde schon mal ein wenig Musik im vorderen Floor aufgelegt. Schon kurz darauf füllte es sich ziemlich schnell, so dass kurz vor 22 Uhr mit Leaves In Silence die erste Band die Bühne betreten konnte. Frontmann und Mastermind Dennies bringt schon einiges an musikalischer Erfahrung mit - sicher nicht nur aus seiner Zeit bei New Days Delay. Für den ersten (offiziellen) Bühnenauftritt hat er sich nicht minder begabte Live-Musiker an Bord geholt und so ging es auch gleich ordentlich druckvoll und auf spielerisch hohem Niveau los. Wer Dennies mal getroffen hat, wird mir sicher zustimmen, dass er eher als netter und ruhiger Zeitgenosse daherkommt - fast schon schüchtern, könnte man sagen. Hört man sich die Songs von Leaves In Silence auf Myspace an, fallen sofort der melancholische Grundton und die Intensität auf. Daher hat es mich die ersten paar Songs auch völlig umgehauen, wie energiegeladen die Band spielte. Von wegen schüchtern, hier wird ordentlich gerockt! Die etwas härteren Lead-Gitarren treiben die Lieder voran und werden durch die teils recht psychedelisch eingesetzte zweite Gitarre wieder in Richtung Dunkelheit gezogen. Zu Beginn hatte ich so meine Probleme damit, da ich den Gesang zu leise und eben diese zweite Gitarre ein wenig zu laut fand. Kann auch sein, dass ich einfach zu nah an der Bühne stand. Jedenfalls wurde soundtechnisch noch ein wenig gefeilt und dann war eigentlich alles super abgemischt. Man merkte den Musikern den Spaß auf der Bühne richtig an und der Kontakt zum Publikum war sofort da. Soll heißen: es gab entsprechend viel Applaus und man konnte auch die ersten Tanzenden im gut halb gefüllten Live-Floor beobachten. Springen oder nicht springen - das ist hier die Frage. Diese wurde von der Band dann auch tatsächlich gestellt und auf den höchsten Sprung ein Bier als Belohnung ausgelobt. ;-) Wenn ich den Sound beschreiben sollte, würde ich sagen, dass eine gelungene Mischung aus Wave (der mich zum Teil an Whispers In The Shadow erinnerte) und Hard Rock geboten wurde. Mir hat's jedenfalls gefallen und Tim ging es ganz genauso. Wir haben dann hinterher philosophiert, ob das ein oder andere Lied eher in Richtung Hair-Metal oder dann doch in Richtung 80er-Metal (à la Girlschool) einzuordnen wäre. Das mag jeder für sich selbst entscheiden - auf jeden Fall hat es viel Spaß gemacht. Festzuhalten bleibt, dass man sich Leaves In Silence live nicht entgehen lassen sollte und dass man selten einen so gelungenen Bühneneinstand gesehen hat.
Die Umbaupause wurde sehr kurz gehalten und man hatte kaum Zeit richtig Luft zu holen, bevor die zweite Band des Abends die Bühne betrat. ueberdosis grau aus Frankenthal waren mir bis dato unbekannt. Laut Webseite haben sie vor gut 17 Jahren als Coverband (u.a. Slime) begonnen und sich dann Stück für Stück in eine eigene Richtung entwickelt, die in sich Einflüsse von Wave und Grunge vereinigt. So ging der Gig auch ziemlich punkig und schnell los, eigentlich ganz passend nach dem bereits rockenden Einstand kurz zuvor. Allerdings waren mir die ersten zwei Songs ein wenig zu heftig, zumal sich durch das Bassspiel und den sauberen Gesang durchaus auch komplexere und wavigere Songs erahnen ließen. Und so wurde es dann auch etwas düsterer und melodiöser, was mir persönlich eindeutig mehr liegt. Tim stimmte mir da nicht ganz zu - er fand auch die schnellen Punknummern super. Insgesamt haben ueberdosis grau ziemlich viel zu bieten - streckenweise fühlte ich mich an Bands wie EA80 oder Fliehende Stürme erinnert. In den meist deutschen Texten werden viele politische aber auch persönliche Probleme und Herausforderungen des Lebens verarbeitet. Die Jungs passen damit einfach gut auf ein Festival wie das Apocalyptic Factory, da sie mit ihrer Musik durchaus die Brücke zwischen Punk und Dunkelmusik zu schlagen vermögen. Das zeigte sich nicht zuletzt an einem Coverstück. Sänger Flo meinte, sie würden jetzt mal ein ziemlich altes Lied covern, nur eine Oktave höher gespielt. Vielleicht würde es ja jemand kennen. Zu meiner Verwunderung und Begeisterung erschallte dann "When You Don't See Me" von den Sisters - eine sehr schöne Version. Ich würde mal sagen: gut ausgesucht, denn offenbar haben recht viele im Publikum den Song gleich erkannt. Der Saal war inzwischen ziemlich gut gefüllt und ueberdosis grau ernteten viel Applaus. Auch ihnen merkte man den Spaß auf der Bühne und die Leidenschaft für Musik an. Das ist überhaupt etwas, was mir bei den Bands auf kleineren Festivals besonders gefällt - Authentizität und Herzblut. Das benötigt man auch, wenn man eine Band so lange Zeit neben der normalen Arbeit am Leben erhalten will, wie mir Flo später in einem netten Gespräch bestätigte.
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Weiter im Line-Up kamen dann SeX should be FeMale - ihres Zeichens Würzburger mit einer ebenfalls schon längeren Geschichte. Irgendwie kannte ich den Namen schon eine ganze Weile, hatte aber noch nicht viel von ihnen gesehen und gehört. Was soll ich sagen - ungeachtet der Tatsache, dass alle Bands an diesem Abend exzellent waren - SeX should be FeMale waren für mich der beste Act des Abends. Ok, ich geb ja zu, dass dies vermutlich meiner Vorliebe für 80er Postpunk geschuldet ist, wobei diese Kategorisierung der Band nicht vollständig gerecht wird. Neben besagtem Stil waren auch Anleihen von Gothrock und Wave à la Faith and the Muse zu hören. Dazwischen mischte sich 80er Indie und Goth - mir kamen immer wieder Bands wie Grauzone oder Geisterfahrer in den Sinn. Trotzdem waren die Songs nicht altbacken - vom Bass getrieben, in ein modernes Gewand gehüllt. Ich fand es faszinierend, wie man sich scheinbar mühelos zwischen allen Genres der 80er hin- und her bewegte, ohne die Eigenständigkeit zu verlieren. Texte gab es in Englisch, Deutsch und Französisch, vorgetragen von einem sehr agilen Frontmann, der es, wie schon die Bands zuvor, verstand, das Publikum mit einzubinden. Auch hier gab es ein paar Soundprobleme, diesmal vor allem aber wohl auf der Bühne, da sich die Gitarristen zeitweise nicht hören konnten. Dies tat der guten Stimmung jedoch keinen Abbruch und mit Applaus wurde nicht gespart. Allerdings gilt auch hier - der persönliche Geschmack entscheidet. Tim haben sie zwar auch gefallen, aber im Vergleich mit ueberdosis grau oder Leaves in Silence erschienen sie ihm doch zu langweilig. Nun, die ruhigste Band des Abends waren sie auf jeden Fall.
Das hätte ich eigentlich vom Headliner - den Postpunks von Joy Disaster - erwartet. Sie sind eine meiner aktuellen Lieblingsbands und ich hatte sie vorher auch schon einige Male live gesehen. Die Alben der Franzosen besitzen eine sehr intensive, teils beklemmende Atmosphäre und ich finde, dass sie bisher von Album zu Album immer düsterer wurden. Ganz im Gegensatz dazu stand nun der extrem rockige und nach vorne preschende Auftritt an diesem Abend. So viel Energie hätte ich ihnen gar nicht zugetraut und ich hätte auch nicht gedacht, dass dieser Stil der Musik von Joy Disaster so gut stehen würde. Den Sound kann man nur als fett bezeichnen (wenn auch zu Beginn noch nicht ganz so gut abgemischt) und die Musiker auf der Bühne haben richtig Gas gegeben. Da wundert es auch nicht, dass in den vorderen Reihen gleich das Tanzbein geschwungen wurde und der ein oder andere Pogopulk entstand. Sicherlich liegt das neue Live-Gewand auch daran, dass abgesehen von Sänger Nico im letzten Jahr viele Bandmitglieder getauscht wurden und zum Beispiel der Bassist Einflüsse aus dem Grindcore-Bereich mit eingebracht hat. Nico erzählte mir dann, dass er zur Zeit versucht, das Line-Up der Band zu stabilisieren und dass sie sich bis zum Frühjahr 2011 zurückziehen, um das nunmehr vierte Studioalbum aufzunehmen. Ziemlich viel los bei den Jungs und man darf gespannt sein, ob sich der neue Live-Sound dann auch auf CD wieder finden wird. Ich hoffe mal sie werden den Detailreichtum und die Tiefe ihrer bisherigen Stücke nicht ganz vermissen lassen, denn die zerbrechlichen Nuancen der älteren Songs konnte man bei der energischen Show an diesem Abend nur noch erahnen. Wie dem auch sei, Joy Disaster haben richtig Spaß gemacht und wer sie noch nicht gesehen hat, sollte sich kommende Gelegenheiten nicht entgehen lassen. Nach vier Liedern Zugabe war dann der Live-Teil des Abends gegen halb 3 zu Ende und Joy Disaster verließen geschafft, aber auch glücklich die Bühne.
Aftershowparty gab es dann im vorderen Floor, wie immer mit gewohnt guter Tanzmusik, u.a. von der schon erwähnten Miss Zombiefied. Das Augenmerk lag, im Gegensatz zum Freitag, weniger auf (horror-)punkigen Sachen, sondern mehr im Bereich Minimal, Wave und 80er. Das noch zahlreich anwesende Publikum vergnügte sich wieder bis in die späten Morgenstunden. Leider mussten Tim und ich schon gegen 4 Uhr, nach einem sehr schönen, aber viel zu kurzen Wochenende, wieder nach Hause aufbrechen. Man bleibt halt manchmal auch am Sonntag nicht von Arbeit verschont.
Fazit:
Wie schon letztes Jahr, hat es uns wieder richtig gut gefallen. Die sehr angenehme und entspannte Atmosphäre, die Bands sowie die netten Veranstalter haben ihr Übriges dazu beigetragen. Ich kann nur jedem empfehlen, solchen kleinen Festivals eine Chance zu geben, auch wenn der große Headliner im Line-Up fehlen mag. Es fällt mir ehrlich gesagt schwer, negative Aspekte zu finden. Wenn überhaupt könnte man sagen, dass die Abmischung der Bands zum Teil nicht ganz optimal war und dass die parallel laufende Disko auf dem vorderen Floor ab und zu ein wenig Publikum von der Bühne weggeklaut hat. Das ist aber so gewollt, damit sich jeder Gast je nach seinen musikalischen Vorlieben unterhalten kann - die Musiker wurden trotzdem ausgiebig gefeiert. Tim und ich möchten uns an dieser Stelle noch mal bei Jürgen und dem ganzen Team der Apocalyptic Factory bedanken und wir sind schon sehr gespannt auf nächstes Jahr.
Zu den Festivalfotos...
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Apocalyptic Factory Festival 2010 @ LabelLos.de
Apocalyptic Factory Festival @ myspace
Apocalyptic Factory Festival Website
Leaves In Silence @ LabelLos.de
Leaves In Silence @ myspace
ueberdosis grau @ myspace
SeX should be FeMale @ LabelLos.de
SeX should be FeMale @ myspace
Joy Disaster @ LabelLos.de
Joy Disaster @ myspace
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