Um 20 Uhr sollte Einlass sein, doch mitnichten. Vielmehr legte sich wartend der Autor unter sternenfunkelndem Himmel auf eine Bank und ergab sich Betrachtungen über die Unendlichkeit des Alls und seiner Sternensysteme, ehe ihn die herumschwirrenden Gestirne, welche sich schnöde und unökologisch als Flugzeuge identifizierten, wieder ins Irdische zurückholten und ihn ein schneidender Biermangel in die - endlich ein Stündchen später sich öffnenden - geheiligten Hallen des von Traditionen geschwängerten Hamburger Musikclubs "Knust" trieb.
Hier setzten sich die Träumereien unter Sternenhimmel gewissermaßen musikalisch fort, offerierte doch der erste Act, Dark Orange aus Hamburg, eine vergleichsweise sphärische Musik. Der anfänglich etwas unsichere und dünne Gesang der Sängerin Katrin-Elna wurde von Dirk Odu’s hallender Space-Gitarre, Synthesizern und Background-Sängerin im schönsten Shoegaze begleitet, visuell untermalt von Videoanimationen. Doch die Stimme entwickelte sich von Lied zu Lied und gewann bemerkenswert an Ausdruck und Charisma. Das poetisch-melancholische Club-Ambiente mit Trip-Hop-Einschlag - 2010 übrigens auch auf dem WGT dargeboten - wurde vom Publikum wohlwollend aufgenommen.
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Wesentlich rockiger und einheizender war daraufhin der zweite Support am Start, The Noonday Dreams aus Schleswig Holstein, laut Information zwar erst seit 2007 als Band aktiv - gegründet von Andreas Tofte (Gitarre) und Achim Jöhnk (Gesang) - jedoch mit der positiv gestimmten Energie einer Band zwischen 80er Jahre Postpunk und Britpop; mit harmonischen Melodien im Gepäck, welche zwischen dunkelndem Folk und schattenschwerem Wave zwittern. 2010 erschien ihr Debütalbum "Shelleyan Cloud", welches am Tresen käuflich zu erwerben war, wie der Sänger ein wenig verschämt, aber doch gern mitteilte.
Beim Auftritt der Headliner And Also The Trees war das "Knust" gerammelt voll. Nach ihrer akustischen Phase der letzten Jahre nun wieder full plugged elektrisch musizierend - was dann doch irgendwie problematisch zu sein schien. Denn die Umbauphase auf der Bühne dehnte sich zeitlich expanderhaft, unterbrochen von kryptischen Ansagen des Tontechnikers. Boxen wurden auf-, dann wieder abgebaut, Kabel ummontiert; die dicht gedrängte Menge stand, schwitzte und wartete geduldig, bis es nach einer dreiviertel Stunde endlich weiter ging. Trotz elektrischer Anschlüsse sind es nicht die lauten, sondern die leisen und vertrackten Töne, die das über 30-jährige Werk der Band bestimmen. Der Klangkosmos ist schon was ganz Besonderes und zog von der ersten Note an in den Bann.
Als Simon Huw Jones denn dramaturgisch ausgefeilt mit etwas Verzögerung die Bühne betrat, hatte das Publikum die Wartezeit schon vergessen und die Musik bereits gewirkt; mit großem Jubel wurde er begrüßt. Jener kam stilvoll im Gehrock, dessen er sich aber durch die herrschenden Temperaturen in der gefüllten Halle rasch entledigte. Der Meister war guter Dinge. Neben der in erwarteter Theatralik dargebrachten Performance tiefer, introvertierter Ergriffenheit, scherzte er munter mit dem Publikum und der Band.
Kein Wunder, denn die Hörerschaft war nichts anderes als begeistert und lauschte in geradezu andächtiger Stille den phantastischen, akustischen Ausflügen von Justin Jones’ Gitarre, den filigranen Bassläufen mal gezupft, mal mit dem Bogen gestrichen von Ian Jenkins, den zart melodiösen Ambiente-Tönen an Keyboard, Zither oder Melodica von Emer Brizzolara sowie dem ausgefeilten Spiel von Paul Hill am Schlagzeug. Das ist britisch tiefbödige, lyrische und, neben aller ausgefeilten Raffinesse, keineswegs intellektuelle, sondern emotionale Musik, die in Kontrapunkten auch immer wieder zum rockenden Aufbrausen kommt und mit diversen Einflüssen kokettiert. Ja, das alles wusste wohl zu gefallen!
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