Es sollte nun also endlich passieren: Alice Cooper Live! Der Godfather of Horror-Rock legte im Sommer 2008 mit dem Konzeptwerk "Along Came A Spider" sein nunmehr 25. Album vor und ist, wie es sich gehört, dafür natürlich auf großer Promotour.
Auf fast 40 Jahre Bandgeschichte kann Alice zurückblicken, doch damit nicht genug, holte man sich für die Tour mit Whitesnake doch ein weiteres Rock-Urgestein ins Boot. Die sind dieses Jahr immerhin auch schon 30 geworden und Sänger David Coverdale (einziges noch erhaltenes Gründungsmitglied) und seine neue Crew haben kürzlich ebenfalls ein neues Album ("Good To Be Bad") veröffentlicht, welches in Deutschland immerhin Platz 6 der Charts erreichte.

Als Opener für die Tour fungiert in Deutschland eine, im Verhältnis zu ersten Beiden, recht junge Band aus Ulm. Five and A Red One spielten allerdings schon mit Größen wie Bon Jovi oder Status Quo und unterstützten Boxweltmeister Arthur Abraham während seines Walk In mit dem Titel "Crash The Sky".
Pünktlich 19:00 ging's los und musikalisch passten die Sechs hervorragend zum Abend, spielen sie doch klassischen 70/80ies-Rock mit aktuellen Einflüssen. Auch wenn die Messehalle noch nicht allzu gut gefüllt war, rockten Five And A Red One ordentlich und waren sich ihrer Anheizer-Position durchaus bewusst. Sollte der klassische Rock endlich wieder zu einer Blütezeit kommen, werden diese Jungs mit großer Wahrscheinlichkeit dabei sein.

Nach knapp 45 Minuten begann die Umbaupause für Whitesnake und um 20:00 standen dann auch schon Sänger David Coverdale, die Gitarristen Doug Aldrich und Reb Beach, Bassist Uriah Duffy, Keyboarder Timothy Drury und Drummer Chris Frazier auf der Bühne, um den Fans Ausschnitte aus ihrem aktuellem Album zu präsentieren, die, wie sollte es bei 30 Jahren Bandgeschichte auch anders sein, natürlich durch jede Menge Klassiker aufgemischt wurden. Die Halle war mittlerweile zwar noch nicht optimal, aber doch recht gut gefüllt und Coverdale suchte von Beginn an den Kontakt mit dem Publikum. Dafür hatte er sich auch extra etwas Deutsch zurecht gelegt. Trotzdem dauerte es einige Zeit, bis die Menge etwas besser in Stimmung kam. Aufgrund des LineUps lag natürlich auch der Altersdurchschnitt etwas höher als bei einem System Of A Down-Konzert und so wäre Stage-Diving eh' nur eine Illusion gewesen.

Nach der Eröffnung mit "Best Years" vom neuen Album, gab es gleich im Anschluss den Klassiker "Fool For Your Loving". Immer wieder mit klassischen Gitarrensoli aufgepeppt, arbeitete man sich abwechselnd durch die Alt- und Neuzeit, mal etwas rockiger, dann wieder fast akustisch, wie bei "The Deeper Of Love". Spätestens zur Ballade "Is This Love" schien dann auch beim letzten im Publikum angekommen zu sein, dass da vorne WHITESNAKE - HALLO!!!: WHITESNAKE auf der Bühne stehen. Durch den anschließenden zehnminütigen Gitarrenbattle zwischen Doug Aldrich und Reb Beach, welcher richtig Spaß machte, bekam David Coverdale eine dem Alter entsprechende Ruhepause *g*, um dann mit "A Fool In Love" den für diesen Abend letzten Titel des aktuellen Albums wieder mit ganzer Kraft zu performen, bevor mit "Ain’t Gonna Cry No More" die große Abschluss-Klassikerrunde eingeläutet wurde. Das Publikum kam bei "Ain’t No Love In The Heart Of The City" nun auch endlich mal ordentlich aus der Hüfte und sang lautstark mit und bei den Zugaben "Here I Go Again" & "Still Of The Night" gab es kein halten mehr. Doch da war es auch schon 21:30 und alles vorbei. Whitesnake zeigten eine gute, routinierte Show, die alten Hits und auch das neue Album live zu hören machte Spaß! Allerdings hatte man des Öfteren das Gefühl, dass die kursierenden Playback-Gerüchte doch nicht ganz aus der Luft gegriffen sein könnten.

Dann hieß es wieder einmal warten - Bühnenverhüllung, Umbau, Vorbereitung. Der Großteil der Besucher ging in der Zwischenzeit vorbildlich in die bittere Kälte zur Raucherpause - während der Konzerte wurde das Rauchverbot sehr moderat ausgelegt, was der Stimmung unter den Zuschauern entgegenkam.
Dann war es endlich so weit, die Silhouette des Meisters des schaurig schönen Schock-Rock erschien auf der riesigen Alice Cooper-Fahne, die die Bühne verhüllte. Die Flagge fiel und schon ging's es mit "Hot Tonight" zur Sache. Etwas komisch mutete die Setlist bei Alice Cooper an, standen doch im Vordergrund nicht Stücke von "Along Came A Spider" und auch nicht der dem jüngeren Publikum eher bekannten Titel der Alben "Trash", "Hey Stoopid" oder der 90er Jahre. Zum Großteil wurden Stücke aus den Siebzigern präsentiert. "No More Mr. Nice Guy", "Under My Wheels", "Welcome To My Nightmare" oder "Only Women Bleed" gehören durchaus zur Kategorie Klassiker, mitsingen konnten sie allerdings die Wenigsten. Ganz anders bei Stücken der neueren Zeit wie "Feed My Frankenstein", "Women Of Mass Distraction" und den Aktuellen "(In Touch With Your) Feminine Side" und "Vengeance Is Mine". Vor allem Letzteres kam beim Publikum sehr gut an und hat das Potential "Poison" auf den Tanzflächen abzulösen. Der Song geht sofort ins Ohr und kann spätestens beim zweiten Hören mitgesungen werden. Einfach nur geil!!!

Ein Alice Cooper-Konzert in chronologischer Reihenfolge abzuarbeiten, würde in das Schreiben eines Theaterstücks ausarten. Die Bühnenshow ist einfach wie man es erwartet - komplex, blutig und furchtbar genial! Ständig passiert irgendetwas. Blickt der Zuschauer zum rechten Bühnenrand, weil dort Alice gerade eine Frau erwürgt, kommen am anderen Ende schon maskierte Geister auf die Bühne, um ihn seiner gerechten Strafe zuzuführen. Da spielen die Gitarristen und der Bassist zusammen mit dem Drummer Schlagzeug, während ein bisher unbekannter Vermummter zeitweilig die Gitarre übernimmt. Utensilien über Utensilien werden hervorgeholt, missbraucht, vernichtet, oder dem Publikum zum Geschenk gemacht - Reitgerten, Gehstöcke, Perlenketten, Dollarscheine und natürlich die üblichen Plektren, Drumsticks etc.

Vom Aufbau eigentlich passend zum Konzeptalbum "Along Came A Spider" als Leidensweg eines Psychopathen, der sich in eines seiner Opfer verliebt, könnte man die Show schon fast als eine Art Rockoper beschreiben. Und egal, was da vorn passiert, alles wirkt bis auf's Letzte professionell. Ob Alice nun ein Kind aus seinem Horrorkinderwagen nimmt und pfählt, in der Zwangsjacke von seinem Innersten gequält wird oder sich bei der Ballade "Only Women Bleed" seine 'sterbende' Tochter (Calico Cooper) auf seinem Schoß im Blute windet. Kommt es zu Pausen während des Konzertes, da sich Mr. Nice Guy umziehen muss oder kurz umgebaut werden soll, übernehmen die Gitarristen Keri Kelli und Jason Hook bzw. Bassist Chuck Garric den Entertainer-Part, heizen die Leute an und halten sie bei Laune. Ob sie dafür spanische Klänge auf einer Halbakustik spielen, oder sich von drei verruchten Damen mit Maschinenpistolen jagen lassen müssen, spielt dabei keine Rolle. Wem das immer noch nicht reicht, der bekommt von Eric Singer noch ein Schlagzeugsolo hinterher geknallt und spätestens dann ist auch Alice wieder zur Stelle, um einem ja keine Minute Pause zu gönnen. Ganz besonders gut gelungen war definitiv auch die Lichtshow. Selten habe ich eine so punktgenaue oder besser gesagt tongenaue Umsetzung und Untermalung von Rockmusik in Licht gesehen.

Wenn sich die Geschichte ihrem Ende neigt und der Killer gefasst ist, wird in Alice-eigener Tradition der Galgen (nein, diesmal nicht die Guillotine) aufgefahren und das gefesselte Böse durch den Henker zur Strangulation geführt. Ebenso Alice-typisch ist natürlich die anschließende Wiederauferstehung des geläuterten Bösewichts und wenn diese in Form der Zugaben "School’s Out" und "Poison" daherkommt, ist klar, was im Publikum los ist! Fein! Fein!

Gegen 23:45 war der Abend dann leider schon zu Ende. Viel zu früh, viel zu kurz, aber ER war da, es war toll und auch wenn man sich den ein oder anderen Hit mehr gewünscht hätte, gibt es nichts, aber auch gar nichts am Alice Cooper Konzert in der Erfurter Messehalle auszusetzen.