Es ist Freitagabend und eine stressige Woche vorbei. Bevor einem die Decke auf den Kopf fällt, sollte man lieber mal raus und sich was Gutes tun. Genau das dachten sich Tim (aka Helga Buttonkrake) und ich (Ralf aka seriöse_Stumpfhose) am 28.11.
Ausgehen - ok, nur wohin? Obwohl der Festival-Sommer schon lange vorbei ist, hat der Herbst traditionell viel Schwarzbuntes zu bieten, vor allem kleinere Touren von Bands aus allen Genres lassen kaum Langeweile aufkommen. Die Organisatoren vom Internet-Sender Radio Schattenwelt z.B. hatten in den neuen Binderslebener Club "From Hell" geladen und eine interessante Mischung an recht unterschiedlichen Bands ins winterliche Thüringen geholt. Zum einen waren da die Synthie-Popper von A Spell Inside, die Nürnberger Minimal/Elektroband Die Perlen und zum anderen die Düster-Rocker von Rozencrantz. Es sollte also für fast jeden etwas Interessantes dabei sein. Bis auf Die Perlen kannte zumindest ich die anderen Bands noch nicht so genau und war daher gespannt.
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Wohl wissend, dass bei uns in der Gegend die Leute kaum vor 10 oder 11 Uhr irgendwo hin gehen, sollte es erst gegen 22:30 Uhr losgehen. Nach dem freundlichen Empfang am Einlass, kam erstmal eine Überraschung: trotz der späten Stunde war kaum Publikum im From Hell und um es gleich vorweg zu nehmen, es wurde auch nicht viel mehr im Laufe des Abends. Insgesamt waren knapp 40 Besucher da - die mit den Bands angereisten Fans schon eingerechnet. Gründe für so wenig Zuspruch kann man sich bestimmt einige ausdenken, allerdings schwingt dabei immer der unschöne Unterton mit, dass viele lieber zur Konserve tanzen gehen als sich gute (wenn vielleicht auch nicht ganz so bekannte) Künstler live anzusehen - sehr schade. Sei’s drum, wir waren jedenfalls da und hatten einen netten Abend. Da Tim und ich durchaus jeweils andere Eindrücke gesammelt haben, gibt es beide Meinungen hier zu lesen.
Den Anfang machten A Spell Inside. Diese Band gibt es schon eine ganze Weile (seit 1989) und sie sind mit vier veröffentlichten Alben und einigen Demotapes/EPs sicher nicht mehr unbekannt. Tanzbarer, aber auch tiefgängiger Synthipop ist das Markenzeichen der Band und sie dürften mit ihrem Mix aus emotionalen Texten und zeitweise treibenden Rhythmen den Zeitgeschmack nicht verfehlen. Soviel zu den Fakten, wie hat's dir denn nun gefallen, Tim?
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Tim:
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"Ja stimmt schon, die neueren Sachen, die sie gespielt haben, gehen schon stark in Richtung Future Pop. Auch nicht schlecht, aber ich fand vor allem die älteren Stücke klasse. Das war schöner Synthipop aus den 80ern/Anfang 90ern, wie ich ihn mag. Hat mir jedenfalls super gefallen - das ganze Konzi. Und der Sound war auch prima."
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Ralf:
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"Ok ok, du kennst dich da besser aus als ich. Bei elektronischen Sachen bin ich immer sehr skeptisch, obwohl ich persönlich guten Synthie-Klängen nicht abgeneigt bin. Mir hat der Gig auch gefallen, vor allem aufgrund der Intensität der Songs. Die Bühnenpräsenz von Sänger Michael war deutlich zu spüren, aber die beiden Keyboarder an seiner Seite vermochten meiner Meinung nach die Bühne nicht so ganz mit zusätzlichem Leben zu füllen. Da hat mir ein bisschen was gefehlt. Aber stimmt, Sound war super."
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Ich kannte die Band vorher noch nicht und habe mich daher ein wenig im Internet schlau gemacht. Dabei hatte ich mich besonders gefreut zu lesen, dass A Spell Inside auch teilweise Gitarren als Stilelement in ihren Songs einsetzten. Der Gitarrist ist aber schon eine Weile nicht mehr dabei und wenn, tauchen Saitenklänge nur vom Band und recht dezent auf. Vielleicht lag es daran, dass mir bei dem Auftritt irgendwie etwas fehlte, um mich ganz mitzureisen. Später hatte ich dann Gelegenheit, in Ruhe ein wenig mit den Jungs zu plaudern. Dabei erfuhr ich dann auch, dass man sich musikalisch und künstlerisch bewusst in eine mehr elektronische Richtung entwickelt hatte. Bei der Bühnenpräsenz ist auch der Band der aktuelle Stand nicht so ganz genug. Es gibt für die nicht allzu ferne Zukunft sehr interessante Pläne zu diesem Thema. Wenn alles klappt, wird man sich das Ergebnis dann beim Auftritt zum WGT 2009 ansehen dürfen. So viel sei verraten, es geht um eine optische Untermalung der Lieder mittels selbst gedrehter und inszenierter Leinwandbilder, die das Thema des jeweiligen Songs filmisch nachzeichnen sollen. Man darf also gespannt sein. An dieser Stelle ein großes Dankeschön an A Spell Inside für die Plauderlaune und viel Erfolg bei den neuen Vorhaben!
Als nächstes übernahmen Die Perlen die Bühne. Das Flair des dynamischen Duos aus Franken war von Anfang an sympathisch und so durften wir dann auch, trotz der wenigen Zuschauer, eine energiegeladene Show erleben, bei der ordentlich Stimmung aufkam. Fairerweise muss man dazu sagen, dass die Meisten der anwesenden Fans wohl wegen den Perlen gekommen waren.
Die beiden Musiker tobten ungebremst auf (und vor) der Bühne herum, sodass einem nichts weiter übrig blieb, als mitzumachen. Gerüchteweise lag die gute Laune der Protagonisten auch am Alkoholkonsum, aufgrund des Geburtstages einer Zuschauerin, aber wer Die Perlen kennt, weiß, dass sie eigentlich immer viel Spaß machen. Ursprünglich war der Sound der Band stark an minimalen elektronischen Klängen im Stile der 80er orientiert, aber mittlerweile sind viele weitere Elemente hinzugekommen. Zum einen nähert man sich den in den letzten Jahren erstarkten Indiepop- und Rockbands in Deutschland an (wie etwa Spillsbury oder M.I.A.), ohne jedoch zu kopieren oder den individuellen Charakter zu verlieren. Zum anderen gibt es auch einige Songs in französischer Sprache zu hören - wohl ein Wink in Richtung der sehr lebendigen französischen Wave- und Minimalszene. Tim und ich sind uns da einig: die Perlen machen viel Spaß und man sollte sie sich unbedingt mal ansehen!
Nach einer etwas längeren Umbaupause, kamen dann Rozencrantz an die Reihe, eine vom Lineup her recht klassische Gothrockband aus Osnabrück. Als Kontrast zu den elektronischen Klängen zuvor, hatten Tim und ich uns auf etwas dunklere und rockigere Klänge gefreut. Vielleicht lag es an der Umbaupause, der fortgeschrittenen Stunde oder auch am persönlichen Geschmack, aber während des Auftritts tummelten sich noch weniger Zuhörer vor der Bühne als bei A Spell Inside oder den Perlen. Ich fand das ziemlich schade, zumal man ja vorher meist nicht sagen kann, ob eine (zumindest mir) unbekannte Band gut oder schlecht ist. Zumindest die Musiker ließen sich nicht beirren und spielten ein Set von weit über einer Stunde, inkl. zweier Zugaben. Was meinst du dazu, Tim?
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Tim:
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"Also ich hab mich schon auf Gothrock gefreut, und genau das haben sie auch gespielt. Stellenweise sogar richtig guten! Ordentlich Gitarre und gerockt hat’s auch. Aber ab einem gewissen Punkt fand ich, dass es ein wenig langweilig wurde. Vielleicht zu konventionell? Ich weiß es nicht genau. Keine Enttäuschung - dass nicht - aber ich hatte mir ein bisschen mehr erwartet. Aja, da war ein gutes Cover von Deine Lakaien – 'Over And Done'."
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Ralf:
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"Mir geht's da ähnlich. Gleich zu Anfang fiel mir auf, dass als zweites Stück ein weiterer Coversong (ein sehr bekannter Christian Death Song) dargeboten wurde - sehr ungewöhnlich, aber vielleicht auch als Statement gedacht. Als nächstes fiel mir dann auf, dass mir nicht mehr viel aufgefallen ist. Der Sound war gut, ihre Instrumente beherrschen die Jungs auf jeden Fall auch. Sogar an Abwechslung hat es nicht wirklich gefehlt, mal etwas mehr Keyboard, mal etwas härtere Gitarren, dann ruhigere Songs mit Akustik-Gitarre. Trotzdem ist der Funke auch bei mir nicht so recht übergesprungen."
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Warum genau kann auch ich nicht mal direkt sagen. An den wenigen anwesenden Fans lag es sicher nicht, von so etwas sollte man sich ja auch nicht beeinflussen lassen. Vielleicht ist bei mir aufgrund des Auftretens und des Stylings der Band(-mitglieder) der Eindruck entstanden, dass sie sich und die moderne Gothszene ein wenig zu ernst nehmen. Ob das so stimmt, ließe sich freilich erst nach näherem Kennenlernen der Leute sagen. Oder Ihre Musik war mir einfach zu „modern“. Also wer Fan von Gothrock des 21. Jahrhunderts ist, sollte sich die Band mal näher ansehen bzw. -hören.
Alles in Allem war es trotz der ein oder anderen nicht ganz erfüllten Erwartung ein schöner Abend. Es bleibt zu hoffen, dass sich auch weiterhin kleinere und junge Bands in unsere Gegend verirren und dass dies dann auch vom Publikum angenommen wird. Für die Veranstalter ist ein solch wenig besuchter Abend natürlich nicht unbedingt motivierend, aber das Engagement für Live-Auftritte abseits bekannter Bandnamen wird darunter hoffentlich nicht zu stark leiden. In diesem Sinne sieht man sich bald mal wieder vor einer Bühne in Eurer Nähe… !
Ralf & Tim
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A Spell Inside @ LabelLos.de
A Spell Inside @ myspace
Die Perlen @ LabelLos.de
Die Perlen @ myspace
Rozencrantz @ LabelLos.de
Rozencrantz @ myspace |
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