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Schelmish - 29.08.2010 - Wir spielen nun völlig frei und das mit großem Erfolg...
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Geschrieben von Ormuz   
Donnerstag, 16. September 2010

Bei ihrem Besuch des Mittelalterlich Phantasie Spectaculum 2010 in Speyer hatte unsere Berichterstatterin Ormuz auch die Gelegenheit, sich mit DesDeminia und Picus von Corvin, Mitglieder der Band Schelmish, zu unterhalten. Natürlich gab es Interessantes zu erzählen...

     
P = Picus von Corvin
DD = DesDemonia
     
Ormuz: Ganz herzlichen Dank für eure Zeit. Ich würde euch gern zu euerem neuen Album "persona non grata" befragen und auch zum Spectaculum.
Auf dem Album geht es um einen Spielmann Namens Paeniteo, der stellvertretend für all die Ausgestoßenen steht, die ihr Leben lassen mussten, weil sie für ihre Freiheit oder ihren Glauben kämpften. Was hat euch bewogen, euch dieses Themas anzunehmen?
P: "persona non grata" ist ja die Fortsetzung von "Die hässlichen Kinder". Es geht um schlimme Vorfälle und Vorkommnisse, die Jahrhunderte lang im Namen der Kirche geschahen. Thema ist der Mönch Eberhardt, der im Auftrag der Kirche Urkundenfälschungen anfertigen musste. So hat die Kirche sich unrechtmäßig Land ergaunert. Dieser Mönch Eberhardt hat real existiert. Was wir machen, ist, seine Geschichte fiktiv weiter zu spinnen. In unserer Geschichte bekommt er eine Vision, in der Gott ihn verurteilt, für seine Sünden eine tausendjährige Büßerreise zu unternehmen. Auf dieser Reise lernt er eben die Persona non grata - die unerwünschten Leute - kennen. Ohne dass er das anfangs bewusst will, lernt er diese Leute und ihre Nöte kennen.
DD: Man kann das Thema auch in die Neuzeit übertragen. Nicht nur damals waren Leute, die für die Gerechtigkeit gekämpft haben, dem System ein Dorn im Auge - man denke nur an die Hexenverbrennungen - sondern auch heute noch werden Leute, die den Mut haben, ehrlich den Mund aufzumachen, geächtet und dafür verurteilt. Ein gutes Beispiel dafür ist Nelson Mandela.
Ormuz: Wenn die Geschichte so spannend ist und es so viel zu erzählen gibt, warum ist das Album dann überwiegend instrumental?
DD: Weil wir nun mal eine mittelalterliche Instrumentalband sind. In unserem Rockprojekt geben wir den Zuhörern die Texte, im MA-Projekt eher die Melodien.
P: Weil man auch über die Melodie Emotionen ausdrücken kann, man hört auch anhand der Melodie, woher die Stücke kommen. So hört man beispielsweise, welche Melodien aus dem arabischen Raum kommen - so kann der Zuhörer im Booklet nachschauen und feststellen: Ah, der Büßer ist beispielsweise gerade in Jerusalem.
Ormuz: Es gibt ja aber auch vertonte Stücke, so zum Beispiel das Gedicht von Hafer. Wie hat es den Weg auf die Scheibe gefunden?
DD: Das Gedicht kannten wir vorher und wir fanden, dass es passt, also haben wir eine Melodie dazu geschrieben und es eingefügt.
Ormuz: Ihr benutzt für die verschiedenen Stücke verschiedene Dudelsäcke. Warum ist das so und lassen sie sich auch unterschiedlich spielen?
DD: Ja, die Dudelsäcke klingen tatsächlich verschieden. Der mittelalterliche Dudelsack in A-Moll klingt ganz anders als der schottische. Der lässt sich auch schwerer spielen, für ihn benötigt man mehr Kraft und Druck, auch die Griffweise ist eine andere.
Ormuz: Auf "png" haben ja auch wieder Gastmusiker mitgewirkt. Wie habt ihr sie gefunden und ausgesucht?
DD: Okusa kannte die anderen Gastmusiker. Er lebt ja in Berlin und so hat er den Kontakt hergestellt.
Ormuz: Hat das Spaß gemacht mit den anderen zu musizieren?
DD: Es war ja ein Studioprojekt und so haben die Berliner Musiker ihre Spuren auch in Berlin eingespielt und wir haben in unserem Studio alles zusammen gemischt. Wir haben das gar nicht zusammen aufgenommen.
Ormuz: Dann könnt ihr einige Stücke so wie sie auf der CD sind ja gar nicht live spielen?
DD: Stimmt, so wie die Stücke auf der CD sind, können wir sie live nicht aufführen, aber vielleicht wird es ein Sonderkonzert geben, wo alle dabei sein werden. Konkrete Pläne gibt es dafür zwar noch nicht, aber die Idee schon.
Ormuz: Ihr habt ja immer Gastmusiker. Wie genau funktioniert das? Schreibt ihr die Leute und fragt, ob sie mitmachen möchten, oder fragen die anderen euch an?
DD: Also mit Micha von Inex (das letzte Einhorn) zum Beispiel sind wir gut befreundet und ich habe ihm damals einige unserer Stücke vorgespielt und er meinte: "Boah, was für ein geiles Stück, warum macht ihr da keinen Text zu?" Und ich meinte: "Weil uns keiner eingefallen ist." (lacht) Woraufhin er dann sagte: "Komm, lass mir das mal da." ...und am nächsten Tag stand der Text.
Und man kennt ja viele Musiker. Dann zeigt man sich gegenseitig mal was und die Kollegen untereinander machen das auch gern. Es ist eine schöne Sache, dass nicht jeder nur sein Ding macht, sondern dass man auch zusammen etwas macht.
Ormuz: Gilt diese Zusammenarbeit nur innerhalb der "Szene" oder ist das auch übergreifend?
P: Das ist eine Musikersache. Maite zum Beispiel gehört ja auch nicht zur Szene und hat trotzdem gern bei uns mitgemacht.
Ormuz: Apropos Szene, seht ihr euch als ein Teil der Mittelalterszene?
DD: Absolut, natürlich.
Ormuz: Gerade auf solchen Festen sind ja nun viele Leute, die nun nicht unbedingt der Szene zuzurechnen sind. Bekommt ihr von denen auch außerhalb der Auftritte Reaktionen?
DD: Ja klar, wir bekommen täglich Reaktionen auf unserer Fanseite, im Gästebuch, in den Foren, auf Facebook, auf Myspace, da ist wirklich reger Betrieb.
Ormuz: Die CD gibt es ja nur auf euren Konzerten zu kaufen und nicht im Handel. Warum ist da so?
DD: Das war ein Deal mit unserem Label, weil "png" ein Mittelalter- und kein Rockalbum ist, wie zum Beispiel "Die hässlichen Kinder". Wir haben den Deal gemacht, damit wir die "png" ausschließlich auf Märkten bzw. über unser Internet vertreiben können, es jedoch nicht über den normalen Vertrieb verkaufen. Dafür bekommt das Label aber eben auch keine Anteile daran.
Ormuz: Was haltet ihr davon, wenn Leute eure CDs nicht kaufen, sondern sich brennen?
DD: Ich finde das gemein. Wir arbeiten natürlich auch mit den neuen Medien und wir wissen auch, dass diese Gefahr besteht, aber ich muss sagen: wir leben ja davon, die Musik ist unser Lebensunterhalt. Ich weiß, viele Leute haben nicht viel Geld, und ich weiß auch, dass ich nichts dagegen tun kann, aber ich finde es nicht in Ordnung - es ist unser geistiges Gut und wir leben davon und insofern finde ich es nur fair, wenn die Leute die CDs auch kaufen.
P: Als jemand, der mit den neuen Medien aufgewachsen ist, weiß ich natürlich, dass man immer alles irgendwo runterladen kann, aber mir persönlich ist es auch lieber, eine CD in der Hand zu haben, mit einem schönen Booklet, als Daten auf der Festplatte.
DD: Außerdem geht einem so ja auch die Hälfte des Projektes verloren, denn das Booklet erklärt ja auch viel von der Geschichte des Paeniteo, das ganze Konzept ist darin ja beschrieben - über die Jahre, die er durchreist. Und die tausend Jahre sind ja noch nicht um, wer weiß, vielleicht ist er jetzt auch hier, unter uns. Ich fände es sehr schade, wen wir uns die ganze Mühe und Arbeit umsonst gemacht hätten. Man nimmt die Mona Lisa ja auch nur ungern ohne Rahmen.
Ormuz: Eure Auftritte sind ja immer mit netten Überraschungen verbunden. Ich erinnere mich heute noch gern und lachend an den einen Auftritt auf der Runneburg zu Weißensee, als Luzi plötzlich im rosa Rüschenslip tanzte. Wird es heute eine ähnliche Überraschung geben?
P: Das werden wir sehen... dadurch, dass es eine Überraschung ist, sind wir selber immer überrascht.
Ormuz: Ihr sprecht euch vorher nicht ab?
P: Nein, wir gehen auf die Bühne und sind vollkommen konzeptfrei.
DD: Wir sprechen uns kurz ab, was spielen wir denn, was haben wir noch nicht gespielt, es gibt auch keine Setlisten oder so was.
P: So können wir auch viel besser auf das Publikum reagieren. Wir merken ja, ob sie lieber was Schnelleres wollen, oder ob sie mal eine Pause zum Runterkommen brauchen.
DD: Es ist ja auch ein Teil der Show, dass Schelmish eben nicht nur eine Musikband ist - Schelmish ist ja auch Entertaiment, Geschichten erzählen, und Dextro ist dafür einfach der geniale Mensch, der geht immer voll auf’s Publikum ein. Wir haben schon versucht, mit Konzept auf die Bühne zu gehen. Das hat nie geklappt, also haben wir es irgendwann gelassen und spielen nun völlig frei und das mit großem Erfolg.
Zum Strip muss ich sagen: Luzi hat damit aufgehört - irgendwann war dieser jugendliche Übermut einfach erledigt, irgendwann ging es ihm gegen die Würde.
P: Und auch gegen unsere, wir mussten uns das ja von hinten ansehen. (lacht)
DD: Aber es fallen uns immer neue Sachen ein, mit denen wir das Publikum überraschen können. Sicher wiederholt sich die ein oder andere Ansage, manchmal ist es auch nicht ganz so bunt, wenn wir mal nicht so gut drauf sind, aber wenn, dann ist es um so doller.
Ormuz: Ich stelle fest, dass die Leute hier viel Spaß haben an den Stücken haben, bei denen es richtig kracht, bei denen sie ausgelassen tanzen und feiern können, dass das besser ankommt, als die ruhigeren Stücke. Aber das mag auch am Wetter liegen, das ist ja nun schon "besinnlich" genug.
DD: Das Wetter spielt immer eine große Rolle auf den Märkten. Je schöner, umso besser sind die Leute drauf.
Ormuz: Ich habe ja gestern schon mit vielen Händlern und Besuchern gesprochen und die haben sich alle positiv geäußert. Wie gefällt euch das Treiben hier?
DD: Dazu kann ich noch gar nicht viel sagen. Ich habe noch gar nicht alles gesehen, aber man schaut sich irgendwann auch nicht mehr jeden Markt komplett an, man ist ja jedes Wochenende auf einem Markt und ist irgendwann nicht mehr so begierig, alles sehen zu müssen. Außerdem haben wir auch kaum Zeit - wir investieren ja auch viel Zeit in den Bühnenaufbau, den Soundscheck dann ist noch eine kurze Besprechung und schon ist dann auch der erste Auftritt. Aber wenn wir Zeit haben und wenn uns danach ist, schlendern wir natürlich gern auch mal über den Markt.
Ormuz: Spielt ihr lieber auf so großen Festen oder lieber auf kleineren Veranstaltungen?
P: Das ist egal. Ein kleines, niedliches Burgfest kann ebenso schön sein, wie so ein großer Markt.
DD: Es kommt wirklich darauf an, wie die Stimmung auf einer Veranstaltung ist. Wenn die Künstler und Besucher gut drauf sind, ist es überall schön zu spielen.
Ormuz:   Bewerbt ihr euch um Auftritte oder werdet ihr gebucht?
DD: Wir haben jetzt seit zwei oder drei Jahren keine Bewerbung mehr raus geschickt, wir werden gebucht. Das zeigt natürlich, wie positiv die Resonanz ist, auf das, was wir tun, und wir freuen uns darüber, weil es zeigt, dass die Arbeit, die wir investieren, auch belohnt wird. Man kennt uns in der Szene.
Was für mich immer sehr spannend ist, sind die Gäste, die bisher noch nie etwas davon mitgekriegt haben, die vielleicht auch das erste Mal auf so einem Markt sind, und die kriegt man dann auch mal gefangen, wenn sie sich dann auch mitreißen lasen, zusammen mit den Leuten, die uns kennen, die sich freuen, uns wieder zusehen. Und das ist es, was es so spannend macht, diese Mischung auf diesen Märkten.
Und wir lieben es am Sonntag zu spielen, lieber als am Samstag, da sind die Konzerte oft so spät und das Publikum oftmals schon etwas angetrunken. Wir spielen lieber sonntags - das Publikum ist da ein anderes, das fordert zwar mehr heraus, es zu überzeugen, aber das mögen wir.
Ormuz: Apropos Publikum. Werdet ihr viel angeflirtet? Gibt es da auch eindeutige Angebote?
P: Doch natürlich. Es gibt immer wieder mal junge Frauen, die sich erhoffen, ein Date machen zu können. Aber selbst, wenn ich nicht Single wäre, würde ich mich darauf nicht einlassen, weil die Mädels sich in die Künstlerfigur auf der Bühne verlieben und nicht in den Mann, der ich eigentlich bin. Also Dates - das geht gar nicht.
DD: Man muss natürlich sagen, dass gerade auch die MA-Szene geradezu prädestiniert dafür ist, mal eben schnell im Zelt zu verschwinden. Das ist schon eine einzige, große Kontaktbörse, aber wir haben innerhalb der Band einen strikten Codex, an den sich alle halten.
P: Um das Ganze zu einem Fazit zu bringen: Ich persönlich bin auf dem MA-Markt, um Musik zu machen, und nicht, um ihn als Singlebörse zu nutzen.
Ormuz: Ihr habt gerade etwas Leckeres zu essen bekommen, davon will ich euch nicht länger abhalten, daher nur noch drei Fragen... Mein Chef hätte gern gewusst, ob ihr Bratwurst mit Majoran mögt?
DD: Keine Ahnung - das haben wir noch nie probiert. Ich habe das noch nie gegessen, aber ich würde mich gern dazu einladen lassen.
P: Majoran? Nee, das geht gar nicht.
    [Anmerkung der Redaktion: Sehen wir auch so. ;)]
Ormuz: Wer mit mir ein Interview macht, der muss immer die Frage beantworten: Duschen - mit oder ohne Haare?
P: Mit.
DD: Bitte? Ach so, mal mit mal ohne. (lacht)
Ormuz: Wie ist das überhaupt auf solchen Märkten mit dem Duschen?
DD: Wir buchen auch immer Hotels, weil das im Zelt so nicht möglich ist. Wir brauchen ein ordentliches Klo, ein Bett und eine Dusche.
Ormuz: Okusa, dein Nebenprojekt heißt Ostfront. Wie kam es ausgerechnet zu dem Namen?
Okusa: Weil wir alle aus Ostberlin sind und Front so hart klingt, wie unsere Musik.
Ormuz: Ganz lieben Dank für eure Zeit. Lasst es euch schmecken und ich wünsche euch einen tollen Tag, schöne Auftritte und wir sehen uns sicher nachher noch einmal vor der Bühne.
DD: Ich danke auch. Bis zum nächsten Mal.
     
Zum Festivalbericht: Mittelalterlich Phantasie Spectaculum 2010...
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