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Adrian Hates (Diary Of Dreams) - 04.02.2009 - Ich brauche eine gewisse Grundmelancholie...
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Geschrieben von Ormuz   
Freitag, 6. Februar 2009

Adrian Hates, Frontmann der Band Diary Of Dreams, stand uns für Fragen zum neuen Album "(if)" Rede und Antwort... sowie zu so einigen weiteren Themen. ;-) Und Carola aka Ormuz hat - diesmal als Telefon-Interviewerin - mal wieder aus dem Vollen geschöpft. Viel Spaß beim Lesen!

     
Carola:   Hey Adrian! Schön, dass Du da bist. Ich freue mich, dass Du dir die Zeit für ein Interview nimmst.
Ich muss gestehen, dass ich das neue Album "(if)" noch nicht gehört habe, aber ich habe bereits darüber gelesen. Was wird den Hörer denn erwarten?
Adrian: Die letzten beiden Alben waren sehr konzeptionell gehalten, weil ich etwas Präzises sagen wollte. Es war mir aber ein Bedürfnis bei diesem neuen Album den Rahmen etwas offener zu halten, so dass jedes der Stücke eine einzelne Geschichte ist.
Carola:   Ich habe gelesen, dass es "(if)" in einer wunderbaren Box geben wird, mit einer Bonus-CD
"g(if)t" (zauberhafte Wortspielerei) und einem 48-seitigem Booklet. Ich musste beim Lesen tatsächlich hinschauen. Es gibt einige Bands, die sich sehr viel Mühe machen mit der Präsentation ihrer Werke, aber so umfangreich habe ich es selten erlebt.
Adrian: Das ist korrekt. Es gibt einige Bands, die sich immer sehr viel Mühe geben, es gibt aber auch einen Teil, der sich gar keine Mühe gibt. Das finde ich immer sehr traurig, weil es doch ein Gesamterlebnis sein soll, so eine CD zu haben. Ich verstehe allerdings nicht, wie es ein schönes Gesamterlebnis sein soll, wenn man nur eine Plastikhülle mit einem 2-seitigen Booklet bekommt. Für mich ist es eine Gesamterlebniswelt, wenn man eine schöne Box hat.
In der neuen
DOD-Box ist ein zweifach aufklappbares Digipack mit der normalen CD und der Bonus-CD mit weiteren 4 Titeln, aber kein "altes Zeug". Für dieses Album wurden 16 Stücke komponiert, natürlich das opulente Booklet designt, was ja nicht im normalen CD-Format ist, sondern größer, so dass es die komplette Box ausfüllt, und auch ein Poster liegt noch bei.
Carola:   Gibt es ein spezielles Thema um das es sich dreht?
Adrian: Es geht um Themen, um die man sich in seinem Leben als Individuum immer mal wieder dreht, um gewisse Sinnfragen, die man aber nicht als religiöse Fragen sehen darf, sondern: Wo steht man in seinem Leben? Was macht man in seinem Leben? Was hat man hinter sich, was hat man vor sich? Was muss man verarbeiten? Was fehlt da? Es geht auch um Loslassen, um Abschied.
Carola:   Haben die Texte auch autobiographische Inhalte?
Adrian: Ja, natürlich ist da auch viel von mir, aber doch verzerrt und entstellt, so dass man nur sehr wenig erkennen kann, wo es herkommt. Selbst enge Freunde haben Schwierigkeiten das zu entschlüsseln.
Carola:   Als Künstler macht man sich auf der Bühne ja eh "nackig", man gibt sich ohnehin Preis - und sei es auch erst einmal nur körperlich. Aber man will ja auch immer etwas aussagen, so dass man wohl nicht drum herum kommt, auch von seinem Inneren etwas preiszugeben.
Adrian: Natürlich. Und so ist diese CD auch eine Reise durch die eigenen Fragen, die man an sich und die Welt hat. Diese sind auch mit einer gesunden Portion Kritik verbunden - und ich habe mich entschieden es so zu verpacken, dass ich kleine Märchen daraus mache, die ich erzähle. Aus einer Fragestellung, die ich für mich hatte, habe ich eine Geschichte gemacht. Das finde ich eine schönere Herangehensweise, als einfach nur die Frage in den Raum zu stellen.
Carola:   Wird das Album in englisch, deutsch oder wie bisher gemischt sein?
Adrian: Ein ausschließlich englisches Album hat es ja lange nicht mehr gegeben. Es werden sowohl deutsche als auch englische Titel darauf sein.
Carola:   Wie wichtig ist es dir, dass die Texte auch verstanden werden? Bei so vielen Fans in so vielen Ländern versteht ja nun nicht jeder diese beiden Sprachen. Oder anders gefragt: Wo siehst Du den Schwerpunkt, eher auf der Musik oder eher auf den Texten?
Adrian: Das würde ich gar nicht so formulieren. Für mich ist es einfach so, dass es die Hauptsache ist, dass irgendwas davon bei irgendjemandem ankommt, dass es einen Effekt hat. Auch wenn man den Text nicht versteht, so versteht man aber doch den emotionalen Inhalt. Es soll auch gar keine Präferenz von einer Seite aus geben, denn das würde dazu führen, dass man sich bei der Arbeit auch einen Schwerpunkt setzt. Das wäre ein ganz falscher Ansatz. Es sollte immer alles gleich wichtig sein und so komponieren und produzieren wir die Stücke auch, weil ich der Überzeugung bin, dass jede Komponente auf einer CD, sei es Text, Musik, Fotos oder Grafik, gleich wichtig ist.
Carola:   Es ist interessant zu erfahren, wie viel Arbeit und Gedanken sich ein Künstler macht, denn wenn man es als Hörer fertig präsentiert bekommt, weiß man ja in aller Regel nicht, wie aufwendig so etwas ist. Man entscheidet im ersten Moment nur, ob es gefällt, oder eben auch nicht. Dabei wird sicher oftmals schwer darum gerungen es so perfekt wie möglich zu machen und es eben so zu präsentieren.
Apropos Präsentation bzw. Auftritt - es wird doch zur aktuellen Platte sicher wieder eine Tour geben?
Adrian: Aber selbstverständlich!
Carola:   Meine erste Frage lautet natürlich, ob ihr auch wieder auf dem Wave-Gotik-Treffen spielen werdet?
Adrian: Da musst du Albert fragen.
[Zwischenerklärung: Albert ist der Booker]
Carola:   (nach einer kurzen Pause der Verblüffung...) Aha, okay.
Adrian: (lacht herzhaft) Ich wollte schon mal eine Hompage machen - frag-albert.de - damit ich solche Sachen weiterleiten kann, weil ich mit solchen Belangen nur in zweiter Instanz konfrontiert werde. Wir sprechen natürlich über alles und überlegen zusammen, aber ich kann mich ehrlich gesagt darum nicht mehr kümmern.
Carola:   Ich fasse zusammen: Die Tourplanung macht dann also Albert und ihr bekommt gesagt: Ihr seid dann und dann da und dort?
Adrian: Ja, wir besprechen uns zwar vorher, aber so läuft das.
Carola:   Ich werde mich an Albert heranpirschen und ihn davon überzeugen, dass ihr auch dringend mal in Thüringen auftreten müsst, weil hier viel zu wenige hochkarätige Künstler auftreten.
Adrian: Warum ist das denn so? Gibt es da vielleicht schlechte Erfahrungswerte?
Carola:   Das kann ich nicht beurteilen, warum es so ist, aber ich finde es sehr schade, dass Thüringen immer ein wenig abseits der schwarzen Szene wandelt... und bin so gleich bei der nächsten Frage: Die "schwarze Szene" ist ja mittlerweile ein sehr dehnbarer Begriff geworden, da sie sich erweitert und verändert hat. Siehst Du das auch so?
Adrian: Eine Szene verändert sich ja immer und wenn wir die Ursprünge der Szene angucken und sehen, wie sie sich seitdem verändert hat, stelle ich fest: Nicht jede Änderung gefällt, aber in erster Linie finde ich wichtig, dass sie sich verändert, denn wenn sie stillstehen würde, würde es bedeuten, dass sie irgendwann stirbt. Ich freue mich, dass es unsere Szene gibt und dass sie wächst und dass sich so viele Leute an der Musik der Szene erfreuen und dass es auch immer mehr Akzeptanz auf breiterer Ebene findet und dass es sehr angenehm ist, zunehmend nicht mehr herabblickend betrachtet zu werden. Außerdem es ist schön, dass sich auch viele neue Bands formieren und die Szene bereichern.
Carola:   Apropos Bands… wie hast Du die Auflösung von Garden Of Delight im letzten Jahr aufgenommen? Und hast Du noch Kontakt zu den anderen Bandmitgliedern?
Adrian: Jein. Also von der Urbesetzung ist eh nur noch Artaud übrig, der auch da war, als ich noch dabei war. Die anderen Mitglieder habe ich ja in der Form nicht richtig kennen gelernt, aber zu Artaud und Thomas O'Connel habe ich ab und zu noch Kontakt. Aber wir führen ja beide ein recht aktions- und erlebnisreiches Leben, so dass wir natürlich nicht so oft telefonieren oder uns sehen.
Carola:   Empfindest Du es manchmal als Manko, dass man, wenn man so beschäftigt ist, so wenig Zeit hat, sich auch mit anderen Leuten zu treffen, außerhalb der Arbeit?
Adrian: Nun ja, das ist eine Interpretationsfrage. Ich bin ja wahnsinnig viel auf Tour und bei jedem Konzert, das ich mache, lerne ich natürlich auch immer neue Leute kennen. Das ist immer sehr spannend und oft auch sehr, sehr nett. Aber da ich grundsätzlich jemand bin, der sehr abgeschieden lebt, brauche ich dann auch unbedingt, wenn ich nach Hause komme, meine Ruhe.
Carola:   Entwickelt sich aus diesen Begegnungen manchmal auch etwas für länger?
Adrian: Oh ja. Einen meiner besten Freunde habe ich vor zehn Jahren auf einem Konzert kennen gelernt und da hat sich eine superschöne Freundschaft draus entwickelt. Ich habe so meine zwei Hände voll Leute, die sehr eng um mich sind, die ganz wichtig für mich in meinem Leben sind, und von denen ich die Meisten auch schon seit 15, 20 Jahren kenne. Und weil die Leute mich auch schon so lange kennen und auch mein Leben neben der Musik miterleben, ganz normale Dinge mit mir teilen, da geht es eben nicht immer nur um die Musik, auch wenn man da auch darüber spricht, aber es ist nicht das ausschließliche Thema. Es geht vielmehr um die Gemeinsamkeiten, die man hat, und die Freude daran, Dinge gemeinsam tun zu können
Gleiches gilt für die Band und die Crew. Das sind ja auch alles sehr enge Freunde. Da spricht man zum Beispiel auch nicht immer nur über die eigene Musik, da spricht man auch über die Musik anderer Kollegen.
Carola:   Lässt Du dich von anderen Musikern inspirieren?
Adrian: Ich sehe es nicht als Inspirationsvorlage, sondern eher als Freispülen für die eigenen Ohren. Und man kann viel über technische Sachen lernen. Das finde ich auch spannend, aber viel wichtiger ist: Musik muss faszinieren! Das ist das Hauptthema, dass emotional nach dem Hören etwas hängen bleibt. Deshalb mag ich zum Beispiel auch Klassik, besonders Bach. Ich brauche eine gewisse Grundmelancholie, eine gewisse Schwere und Dramatik. Das zeichnet meinen Musikgeschmack aus, seitdem ich Kind bin. Aber das ist kein Stimmungsbarometer. So was zieht mich nicht runter - ganz im Gegenteil, es kann mich sehr erheben oder gutlaunig machen.
Carola:   Wie wird es mit Diary Of Dreams weitergehen? Eher weiter auf der elektronischen Schiene oder auch mal wieder ein wenig zurück zu den Wurzeln?
Adrian: (ist einigermaßen verwirrt und erklärt mir...) Das ist eine total gängige Falscheinschätzung. Damit stehst du aber nicht allein da. Die ersten beiden Alben waren fast 100 % elektronisch. Da kam fast alles vom Synthesizer, abgesehen von zwei oder drei kleinen Gitarrenpassagen, während auf den weiteren Alben zunehmend auch handwerkliche Musik zu hören ist. Du meinst sicher eher die Art der Sounds und nicht die Klangquellen?
Carola:   Ja, das meine ich. Welche Sounds zukünftig zu hören sein werden...
Adrian: Ich fände es langweilig noch einmal was zu machen, was ich schon mal gemacht habe. Aber Sachen, wie schöne, schwere klavierbasierte Balladen, werden immer wieder vorkommen, ebenso wie Stücke, die richtige Kracher sind, Songs, die geniale Live-Nummern sind, und Stücke, die man am allerbesten vor dem Kamin mit einem Glas Rotwein hören kann. Es wird also weiterhin sehr vielschichtig und abwechslungsreich sein.
Carola:   Jedes Werk wird ja beurteilt, nicht immer nur lobend. Wie gehst Du mit Kritik um?
Adrian: Das kommt darauf an, wie sie rübergebracht wird. Unsachliche, unfundamentierte Kritik nehme ich mir gar nicht an. Wenn jemand sagt, die Musik wäre Mist, nur weil sie ihm nicht gefällt, dann nehme ich mir das nicht an, ebenso wie ich weiß, wenn jemand im Gästebuch, am Besten noch anonym, unsachlich wird, da weiß ich, was das ist: ein Äußern von schlechter Laune. Das ignoriere ich, weil es nicht wichtig ist.
Wenn aber jemand konkret sagen und auch begründen kann, was ihm missfällt, höre ich mir das an und hinterfrage es für mich auch. Aber Musik ist eben nicht nur technisch zu beurteilen. Jeder reflektiert es ja persönlich für sich und es ist nun mal so, dass man nicht jedermanns Geschmack treffen kann. Wenn also jemand sachlich und wohl durchdacht Kritik äußert, dann kann ich damit gut leben.
Carola:   Reagierst Du manchmal auch auf Musik-Journalisten, die deine Werke rezensieren?
Adrian: Nein, normalerweise nicht. Das habe ich nur zwei mal gemacht - einmal war es mit Herrn Kavka von VIVA/MTV, der zum Album einen halben Satz sagte und der Rest der Rezension beschäftigte sich mit meinen Danksagungen im Booklet. Da habe ich ihn dann aber doch mal gefragt, ob er das Wort Rezension denn nicht verstanden hätte? Das hat mich doch aber eigentlich weniger verärgert, eher belustigt. Und ein anderes Mal habe ich mich außerordentlich bedankt für einen besonders schönen Bericht, der in Italien erschienen ist. Aber ich kann unmöglich allen denen, die über mich oder die Band schreiben, ein Feedback geben. Das ist schlicht nicht möglich, weil ich ganz oft auch gar nicht weiß, wer hat wo was über mich geschrieben.
Carola:   Du warst bisher sehr geduldig, darf ich dir zum Schluss noch ein paar sehr persönliche Fragen stellen? Du musst aber nicht antworten, wenn Du nicht magst.
Adrian: (lacht) Bestimmt werde ich antworten - schieß mal los!
Carola:   Du bist ja doch immer sehr hochgeschlossen angezogen und es interessiert bestimmt den ein oder anderen, ob Du vielleicht tätowiert bist oder anderen Körperschmuck trägst?
Adrian: Nein, weder das eine, noch das andere, außer meine Ohrringe.
Carola:   Deinen schönsten Körperschmuck trägst Du ja ohnehin sichtbar - deinen Haare.
Adrian: Ja, die Haare... die trage ich seit 20 Jahren lang. Die sind auch völlig unkompliziert: waschen, lufttrocknen, fertig.
Carola:   Na da passt ja meine letzte Frage sehr gut: Thema duschen... "mit" oder "ohne Haare"?
Adrian: Mit. ;-)
Carola:   Ich bedanke mich ganz herzlich und wünsche dir eine ganz schöne Zeit, eine ganz schöne Tour mit vielen schönen Momenten und Begegnungen. Vielleicht sieht man sich bald mal wieder, möglicherweise in Leipzig.
Adrian: Wer weiß.
Carola:   Das weiß Albert.
Beide:   (lachen herzhaft) Tschüssi!
     
Hier gibt's den Review zum Album "(if)"...
     
Diary Of Dreams @ LabelLos.de
Diary Of Dreams @ myspace
     

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