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Dass der Post-Punk noch lange nicht am Ende ist, beweisen endrucksvoll Escarlatina Obsessiva. Die noch junge Band aus Brasilien wurde 2006 von Bassistin und Sängerin Karolina und Zaf, der sich für Gitarre und Synths verantwortlich zeichnet, gegründet und brachte nun mit "Blossomy Parks" ihr zweites Fulltime-Album in die Öffentlichkeit.
Schon beim ersten Reinhören in die neuen Songs auf Myspace war mir klar, dass das Album zumindest für mich ein Knaller werden muss. Nun liegt das komplette Werk vor und es ist so - Es ist ein Hammer!
Das Album beginnt mit "Suburban Dogs" (zu Deutsch: Vorstadthunde) und passend zum Inhalt des Songs wirkt der Track beim ersten Hören sehr verstörend.
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Lässt das monotone Schlagzeug zusammen mit dem Bass und den hin und wieder eingestreuten Gitarrenriffs noch eine klare Linie erkennen, wird durch den zeitweiligen Einsatz von orgelartigen Sounds eine wahre Wand gebildet. Zusammen mit dem leichten Hall in Karolinas Gesang ist der Song ein echtes Brett, dass auch jeden Deathrock-Fan voll zufrieden stellen dürfte!
Aber schon beim zweiten Titel "Blossomy Parks" wird es eingängiger. Die Sounds klaren auf, die Synths treten etwas mehr in den Hintergrund und Karolinas Stimme übernimmt die Führung. Der nicht gerade auf "Reinheit" ausgelegte Gesang entwickelt sich nach und nach zum Markenzeichen der Platte. Ständig mit Hall unterlegt, lässt er eigentlich nur einen Vergleich zu: Siouxsie at her best! Langsam und bedächtig bewegt sich die Platte mit "Where Sank One Million Ships" und "The Spinnin' Boy" weiter, lässt leichte New Wave-Anleihen einfließen und erzeugt eine schwelgend melancholische Atmosphäre, wie ich sie sonst meist bei Gary Numan's "Cars" habe.
Damit der geneigte Hörer auch wieder den Weg zurück in die reale Welt findet, schicken ihn die Brasilianer mit "Death Of The Bishop" anschließend auf eine punkangehauchte Reise, die durch den Einsatz schon oben beschriebener Orgelsounds - oder hier fast Drehleiersounds - nach aufreibenden zwei Minuten zu Ende ist. Ein böses Stück, mit dem man wohl nicht nur den Bischof, sondern die meisten Menschen in die Flucht schlagen kann… im positiven Sinne.
Mit "Trans Siberian Railway Thief" folgt der längste und für mich beste Titel der Platte. Eine Guitarwave-Ballade, die eigentlich auf jede gute schwarze Disco gehört. Zwar sind 5:40 nicht gerade kurz und der Titel verliert sich fast ein bisschen zu sehr in Wiederholungen, doch betrachtet man sich das zugrunde liegende Thema, muss man sagen, die Transsibirische Eisenbahn ist nun mal sehr lange und streckenweise nicht sehr abwechslungsreich. Übrigens, der Titel führte selbst bei eingefleischten Siouxsie-Fans schon zu Selbstzweifeln, weil sie der Meinung waren, sie würden doch schon alle Banshees-Songs kennen *g*.
Mit "The Kings Paranoia" wird es dann wieder etwas schneller und soundverspielter. Der Track wirkt relativ avantgardistisch, was durch fast geschrieenen Sprechgesang und den überwiegenden gleichmäßigen Einsatz der Snare noch verstärkt wird.
"Show Me Your Flesh", "Will Still Fall" und "Appendix" kommen dann wieder im typischen Banshees-Gewand daher und gehen mit der leidenden Stimme von Karolina durch bis ins Mark, bevor das Album mit "The Lovelorn Halls" - quasi Liebeskummer in unaufhaltsam auf dem Boden aufschlagenden Xylophontropfen - sein instrumentales Ende findet.
Escarlatina Obsessiva haben mit "Blossomy Parks" ein Album geschaffen, das genau die richtige Mischung aus alten Helden, gewachsenen Stilen und der Eigenständigkeit, die Dinge auf die ganz eigene Art und Weise anzupacken, bietet. Mich persönlich erinnern Escarlatina Obsessiva an den Sound der frühen London After Midnight, gepaart mit der Stimme von Siouxsie und einer Menge Esprit, Enthusiasmus und Ideenreichtum. Und wer den Elan hat, in seiner kleinen Heimatstadt in Brasilien ein Gothrock-Festival zu organisieren und selbst solche Musik macht, dem sollte in Zukunft eigentlich von ganz allein eine Plattenfirma das Haus stürmen, die auch in Europa einen Vertrieb hat. Von diesen Brasilianern können sich eine Menge europäischer und nordamerikanischer Bands eine dicke Scheibe abschneiden!
Hörtipps:
"Blossomy Parks", "The Death Of The Bishop" & "Trans Siberian Railway Thief"
Tracklist:
01. Suburban Dogs
02. Blossomy Parks
03. Where Sank One Million Ships
04. The Spinnin’ Boy
05. The Death Of The Bishop
06. Trans Siberian Railway Thief
07. The King's Paranoya
08. Show Me Your Flesh
09. Will Still Fall
10. Appendix
11. The Lovelorn Halls
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